Zahlreiche Hersteller in der Luxusuhrenbranche entwickeln mittlerweile eigene mechanische Uhrwerke. Manufakturkaliber sind ein Muss für viele anspruchsvolle Uhrenliebhaber und sie ermöglichen Herstellern Unabhängigkeit von Zulieferern wie ETA. Aber: Sind Uhren mit Manufakturkaliber wirklich grundsätzlich die bessere Wahl? Welche Marken sind Manufakturen? Und: Was genau macht ein Manufakturkaliber aus? Diese und weitere Fragen beantworten wir hier.
Inhalt des Artikels:
- Was ist ein Manufakturkaliber?
- Was bedeutet Manufakturkaliber?
- Übersicht: Uhren-Manufakturen
- Manufakturkaliber oder Ebauche-Kaliber?
Was ist ein Manufakturkaliber?
Der Begriff Manufaktur leitet sich ab von den lateinischen Begriffen “manus” (Hand) und “factum” (Werk) und impliziert entsprechend, dass es sich hier um ein Werk aus Handarbeit handelt. Wie viel Handarbeit tatsächlich in einem Manufakturkaliber steckt, ist allerdings nicht klar geregelt.
Noch in den 1960er Jahren definierte Georges-Albert Berner, 1927 bis 1952 Direktor der Bieler Uhrmacherschule, den Begriff “Manufaktur” als „jene Fabriken, welche beinahe die ganze Uhr herstellen …“. Heute kaufen viele Luxusuhrenhersteller bestimmte Komponenten zu, etwa die synthetischen Steine für Räderwerk und Ankerplatte, das Assortiment oder Zahnräder. Es wäre ungleich teurer, alle Bestandteile des Uhrwerks selbst zu produzieren und damit auch nicht im Sinne der Kunden.
So gelten mittlerweile bereits diejenigen Hersteller als “Manufaktur”, die wenigstens ein Uhrwerk im Repertoire führen, das inhouse entwickelt, konstruiert sowie zum Teil gefertigt wurde. Häufig wird die Basis (Platine, Brücken, Kloben) unter dem eigenen Dach produziert, während einzelne Komponenten von spezialisierten Zulieferern beigesteuert werden. Das sind zum Beispiel Precitrame (Schweiz) oder Kern Microtechnik (Deutschland).
Der entscheidende Faktor ist die Exklusivität, das heißt, ein Manufakturkaliber wird exklusiv vom Hersteller – oder von einer Fremdfirma im Auftrag des Herstellers – entwickelt und gefertigt. Anders als der Name vermuten lässt, müssen die Komponenten eines Manufakturkalibers nicht per Hand gefertigt werden. Bei den großen Manufakturen wie etwa Rolex wird heute fast vollständig automatisiert gefertigt. So ist der im Angelsächsischen geprägte Begriff In-House Movement vielfach treffender als unser deutsches “Manufakturkaliber”.
Was bedeutet Manufakturkaliber?
Der Begriff Manufakturkaliber ist heute etwas breiter gefasst als früher. Heute bedeutet Manufakturkaliber vor allem Exklusivität. Ein Uhrwerk, das ausschließlich von einem Hersteller verbaut wird und durch seine spezifische Konstruktion hervorsticht.
Natürlich gibt es nach wie vor auch Manufakturen nach der Definition von Georg-Albert Berner, die “… beinahe die ganze Uhr herstellen…”. Sie verbauen grundsätzlich nur eigens entwickelte und hergestellte Kaliber. Die Fertigungstiefe, also der Anteil des Produkts, den ein Unternehmen selbst herstellt, liegt bei über 95 Prozent. Welche Uhrenmarken dazu zählen, zeigt die folgende Übersicht, allerdings ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
Übersicht: Uhren-Manufakturen
- A. Lange & Söhne
- Jaeger-LeCoultre
- Rolex
- Patek Philippe
- Glashütte Original
- Audemars Piguet
- Girard-Perregaux
- IWC
- Piaget
- Zenith
- Nomos Glashütte
Uhrenmarken, die mit selbst gefertigten und zugekauften Kalibern arbeiten, sind in Deutschland etwa Damasko, Mühle Glashütte oder Meistersinger. In der Schweiz Frédérique Constant, Tag Heuer, Tudor, Maurice Lacroix oder auch Panerai, um nur wenige Beispiele zu nennen.
Breitling wurde 2009 mit Einführung des Chronographenkalibers B01 zur Manufaktur. Omega bereits 2007 mit Lancierung des ersten Co-Axial-Kalibers. Trotzdem verbaut der Schweizer Uhrenhersteller auch weiterhin exklusive Rohwerke von ETA (Mehr lesen: ETA Uhrwerke vs. Manufakturkaliber).
Manufakturkaliber oder Ebauche-Kaliber?
Dass mittlerweile so viele Uhrenmarken auf die Entwicklung hauseigener Mechanik-Kaliber setzen, entspricht einem aktuellen Trend (Mehr lesen: Uhren-Trends 2022), der auch mit der Verknappung des Angebot zusammenhängt: So liefert ETA seit Beginn der 2000er deutlich weniger Uhrwerke an die Uhrenindustrie, sodass Hersteller förmlich zur Entwicklung eigener Werke gezwungen werden.
Häufig werden Uhrenfirmen, die Rohwerke zukaufen als “Einschaler” bezeichnet, obwohl selbst die Schweizer Manufaktur Rolex viele Jahre auf zugekaufte Werke setzte. So kam früher im Chronographen Daytona das Zenith El Primero zum Einsatz (Mehr lesen: Zenith El Primero: Ein Chronographenwerk wird 50).
Manufakturen, die bereits länger dabei sind, arbeiten kontinuierlich an der Optimierung ihrer Werke. Viele Marken wie Omega, Rolex oder Panerai haben zum Beispiel die Gangreserve ihrer Uhren von 40 Stunden auf 55, 60 oder gar 70 Stunden angehoben. Auch die Widerstandsfähigkeit gegen Magnetfelder wird fortlaufend erhöht, etwa indem antimagnetische Werkskomponenten aus Silizium eingesetzt werden. Das heißt: Die Manufakturkaliber der etablierten Manufakturen sind robust, ausgereift und absolut hochwertig.
Dies lässt auch über die Werke von ETA, dem größten Schweizer Werkehersteller oder Sellita-Werke sagen. Die Rohwerke der etablierten Lieferanten werden mit hoher Qualität gefertigt und bringen einen weiteren großen Vorteil, der vor dem Uhrenkauf bedacht werden sollte: Einfache Wartung. Wer sich für eine Uhr mit dem ETA/Valjoux 7750 entscheidet, kann sich an nahezu jeden Uhrmacher wenden und Ersatzteile sind leicht erhältlich.
Bei Manufakturwerken müssen sich Uhrenbesitzer in der Regel zur Wartung an den Hersteller wenden. Zudem sind gerade neu entwickelte Kaliber weniger erprobt und trotz höchster Qualität und Zertifizierungen eventuell anfälliger. Dafür bewegen sich Inhouse-Kaliber fernab vom Mainstream. Sie tragen zur Werkvielfalt bei und machen die Uhrenwelt noch spannender.
Die Wahl eines bestimmten Zeitmessers ist vielschichtig und hängt vom Uhrwerk, den verbauten Komplikationen, der Marke, ihrem Image sowie den Wünschen und Bedürfnissen ihres Trägers ab. Die Entscheidung für eine Uhr mit Manufakturkaliber ist also vor allem eine emotionale Frage und keine qualitative. Denn die Rohwerke führender Hersteller stehen Manufakturwerken in Bezug auf Qualität und Wertigkeit in nichts nach.
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